Wenn ich am Rande von Trainingsplätzen Hunde beobachte gehen mir immer wieder viele Fragen durch den Kopf.
- Schaut man bei der heute gang und gäben Hundeerziehung wirklich auf das wahre Wesen des Hundes?
- Wird auf seine Instinkte eingegangen?
- Welche Folgen hat es, wenn man versucht diese weg zu erziehen?
- Was passiert, wenn sein Ausdrucksverhalten kontinuierlich vom Menschen untergraben wird?
- Wird präventiv gearbeitet, oder versucht man eher den Hund klein zu halten?
- Sind Sitz, Platz und Fussübungen oder Klickertrainings bis zum Gehtnichtmehr gut für eine vertrauensvolle Beziehung zwischen Mensch und Hund?
Oft wünschte ich mir, dass sich diese Fragen Hundebesitzerinnen oder Hundebesitzer stellen und sich nicht einfach mit scheinbar guten Erklärungen von Ausbildnerinnen/Ausbildner abspeisen lassen.
Früher erschien das Leben mit Hunden viel einfacher und es war auch so. Bestimmt liegt es daran, dass es damals mehr Freiräume gab. Keine komplizierten Hundegesetze erschwerten den Hundehaltenden das Leben. Sozialisation mit Artgenossen musste ein Hund nicht auf einem Trainingsplatz lernen, man traute ihm da noch zu, dass er das bereits in seinen Genen hat. Daran hat sich bis heute nichts geändert, je einfacher man mit seinem Hund umgeht, umso entspannter geht er durchs Leben. Natürlich gibt es ein paar grundsätzliche Benimmregeln, die sind aber so minimal, dass es dazu bestimmt nicht jahrelange Trainings braucht. Vertrauen zu seinem Menschen aufbauen ist immer noch das beste Rezept. Ist das Vertrauen zum Menschen da, lässt sich ein Hund auf fast alles ein. Und schlussendlich darf auch ein Hund seine Grenzen haben, so wie wir das in unserem täglichen Leben auch haben. Oder anders gesagt: Der Mensch, welcher alles kann und sich alles zutraut trete bitte vor ;-).
Bandscheibenschäden, Rückprobleme, Hyperaktivität und Verhaltensauffälligkeiten kannte man früher kaum – dies sind alles neuzeitliche Erscheinungsbilder. Da gab es aber all die Trainingsfelder wie Dogdance, Dogfrisbee, Flyball, Agillity etc. noch nicht. Die Menschen wurden in den letzten Jahren im „Hundesport“ immer aktiver. Heute hört man als erstes immer „man müsse den Hund beschäftigen“. So geschieht es nicht selten, dass mit den Hunden viel zu viel in den falschen Bereichen gemacht wird, sie ständig in Aufregung sind und kaum mehr entspannen können. Und wenn es nicht der Hundesport ist, gehen die Menschen in den „Tricksport“. Aufgrund vieler sich im Umlauf befindlichen Videos scheint der Mensch Gefallen daran zu finden, dem Hund über Klickertrainings „Yoga“, „Wäsche waschen“, „aufräumen“ etc. beizubringen um ihn „mental“ auszulasten. Dass die Menschen dabei ihren Hund zu einer reinen Zirkusnummer degradieren und es schlussendlich nur um das menschliche Ego geht (was der Hund alles kann oder wie gut er ist), fällt den wenigsten auf. Ich finde es schon traurig genug, dass bei sehr vielen Menschen sich alles nur um Stellenwert, Erfolg und materielle Werte dreht. Gut, man kann sagen, der Mensch tut sich das selber an. Wenn der Mensch aber diese Ziele auf ein anderes Lebewesen überträgt, ist das unfair, egal um welche Lebewesen es handelt. Der Hund hat all diese Ziele ganz bestimmt nicht. Er lebt im hier und jetzt und möchte ganz einfach nur ein Hund sein. Denn als solcher wurde er geboren. Und wenn man einen Hund seinen Instinkten entsprechend artgerecht führt, muss man ich auch nicht konditioniert in eine Entspannung führen.
Sind all diese Sportarten und Beschäftigungen also wirklich im Sinne des Hundes? Hätte er eine Wahl, was würde er vorziehen: einen Hundesportplatz, sog. mentales Klickertraining oder einen schönen Spaziergang im Wald zusammen mit seinem Menschen, bei welchem er zudem vielen interessanten Gerüchen nachgehen kann? Für mich steht ausser Frage, welche Wahl ein Hund treffen würde.